Fangen wir zunächst einmal mit einer Frage an: Was bereitet dem Patienten, der an die Zeit nach seiner Rückkehr aus der Reha denkt, mit am meisten Kopfzerbrechen? In neun von zehn Fällen lautet die Antwort: die ungewisse Zukunft. Die Zukunft nämlich, in der man sich erst einmal an eine neue und völlig andere Art des Lebens gewöhnen muss, die wahrscheinlich eine sehr radikale Änderung gegenüber der Zeit vorher war.
Vielleicht heißt es beruflich umzulernen oder stärker zurückzutreten, alte Gewohnheiten aufzugeben. Vielleicht muss man sein Verhältnis zur Familie oder zu Freunden umstellen – kurz: Man kann nicht mehr der sein, der man früher einmal war. Wer sich jedoch bereits vor der Zukunft fürchtet, bevor sie beginnt, sieht womöglich vor lauter Angst und Mutlosigkeit die Brücke nicht, die in eine schönere Zukunft führt.
Deshalb heißt es zuallererst, den Kopf freizumachen von der lähmenden Furcht, bevor dort Nebel entsteht, der den Blick auf die wesentlichen Voraussetzungen für den Übergang versperrt.
Ein gesunder Lebensstil kann Spaß machen – probieren Sie es aus!
Die Krankheit als Chance nutzen
Die erste davon ist die Erkenntnis, dass die akute Herzerkrankung zwar ein schwerer Schicksalsschlag ist, aber zugleich auch die Chance bietet, sich von ihren Ursachen – den Risikofaktoren – weitgehend zu befreien. Dadurch öffnet sich der Weg in eine lebensverlängernde, weil lebensbejahende, Zukunft. Die feste innere Entscheidung für den Aufbruch macht die mühseligen Einzelschritte dorthin zwar nicht leichter, aber sie gibt ihnen Sinn und ein lohnendes Ziel, auf das hinzusteuern man ja bereits in der Klinik geübt hat.
Die zweite, besonders wichtige Voraussetzung für den Einstieg in den Umstieg ist die Erkenntnis, dass man seine Krankheit nicht abschütteln kann, sondern sie mitnimmt in die neue Lebensphase. Das bedeutet, sie als einen ständigen Begleiter zu akzeptieren, also im wahrsten Sinne des Wortes mit ihr zu leben und nicht durch sie zu leiden.
So betrachtet, wird deutlicher, was mit der Überschrift zu diesem Beitrag gemeint ist. Spaß zu haben am gesunden Leben setzt voraus, dass wir es nicht als Last und Plage empfinden.
Gesunder Optimismus hilft
Was wir also brauchen ist Optimismus – aber nicht von der Sorte, die Vorfreude erzeugt auf die Fortsetzung des bisherigen Lebensstils quasi als Belohnung für alles Leiden nach der Herzkatastrophe. Wer so denkt gleich dem wegen Rasens verurteilten Verkehrssünder, der nach Wiedererlangen seines Führerscheins sich ein neues, noch schnelleres Auto zulegt.
Dem gegenüber steht der sprichwörtlich „gesunde“ Optimismus dessen, der aus Schaden klug geworden ist. Er nämlich hat die Fähigkeit, von den (übrigens immer vorhandenen) zwei Seiten einer Sache stets die positivere zu sehen. Das geht durchaus, wie uns das klassische Beispiel des halb gefüllten Glases beweist. Der Optimist wie der Pessimist beschreiben exakt den Zustand und beide sagen die Wahrheit – nur mit einem großen entscheidenden Unterschied: Der eine trauert der Tatsache nach, dass bereits die Hälfte des Genusses verloren ist, und der andere freut sich darüber, dass er noch die zweite Hälfte des Genusses vor sich hat.
In Gemeinschaft macht Sport oft mehr Freude. Sehen Sie sich doch einmal nach einer Ambulanten Herzsportgruppe um.
Das Lebensglas ist halb gefüllt
Für unsere Herzpatienten bedeutet das, im noch halbgefüllten Lebensglas vor uns die große Chance zu sehen, diese zweite Hälfte so richtig zu genießen und sie nicht noch einmal so leichtfertig zu verschütten, wie es möglicherweise mit der ersten Hälfte passierte.
Freuen wir uns also, wenn ein neuer Tag mit Sonnenschein beginnt, ohne gleich zu fragen, wann wohl die nächsten Wolken aufziehen werden. Mit dieser Einstellung können auch unabänderliche Tatsachen einer chronischen Erkrankung viel leichter akzeptiert und mit ihr ein erfülltes, genussreiches Leben geführt werden.
In anderen Worten: Unser Lebensglas ist halbvoll und es enthält weder Entsagung noch Verzicht, sondern die Chance zur Geselligkeit, Feiern, Sport und Freizeit, und zur Lust an der Arbeit ebenso wie am genüsslichen Nichtstun. All dies steht uns offen, denn der angeratene Lebensstil ist nicht für Kranke erfunden worden, sondern für lebensbejahende Menschen.
Ihre Schüchtermann-Klinik
4 Kommentare
Rolf König
Ein aufbauender bericht.Ich selber bin immer optimistisch und kann dem nur zustimmen.
Werde wohl in den nächsten Tagen bei Ihnen einen Beypass bekommen
Schüchtermann-Klinik
Vielen Dank für die Rückmeldung, Herr König! Dann wünschen wir Ihnen alles Gute für die Operation!
Christoph
Glückwunsch – ein gelungener Beitrag. Auch ich mache die Erfahrung, dass man Patienten am besten mit positiver Motivation zur Mitarbeit bewegen kann.
Schüchtermann-Klinik
Vielen Dank für Ihr Feedback! Ja, die Compliance der Patienten ist wirklich nicht zu unterschätzen! Ganz herzliche Grüße, Ihre Schüchtermann-Klinik