Im Herbst sind mit sinkenden Temperaturen, Regen und trockener Heizungsluft wieder die Erkältungskrankheiten auf dem Vormarsch. Später, das heißt ab Januar ist auch die Grippewelle zu erwarten und damit die Frage: Wie wirkt der vorhandene Impfstoff? Zunächst ist der grippale Infekt von der richtigen Grippe, der Influenza, zu differenzieren.

 

Grippaler Infekt vs. Influenza

Während der grippale Infekt sich mit Hals- und Kopfschmerzen, laufender Nase, Husten und leicht erhöhter Temperatur anschleicht und nach drei bis sieben Tage wieder verschwindet, kommt die Influenza nach der Dampfhammermethode: Plötzliches, hohes Fieber bis 40 Grad Celsius, schweres Krankheitsgefühl und sehr starke Kopf- und Gliederschmerzen sind wie aus dem Nichts da und führen dazu, dass selbst der stärkste Mann (oder Frau) das Bett hütet.

Toilettengänge sind dann kaum zu bewältigen und gleichen einem steilen Bergaufstieg; man ist froh, wieder im Bett zu liegen. Sieben Tage, aber auch mal vierzehn Tage kann diese schwere Viruserkrankung dauern. Medikamente wie zum Beispiel Tamiflu können die Krankheitsdauer allenfalls verkürzen und die Symptome geringfügig mildern.

 

Von Australien lernen

Mit der Grippeimpfung können Sie der in der Regel wirkungsvoll der Influenza vorbeugen. Kritiker werfen ein, dass in der letzten Grippesaison der Impfstoff quasi eine Trefferquote von nur 20% hatte. „Mismatch“ nennen Immunologen die Situation, wenn der Virus seine Gestalt derart verändert hat, dass der jährlich neu zusammengestellte Impfstoff seine präventive Wirkung nicht voll entfalten kann.

Da Australien auf der Südhalbkugel uns mit dem Winter ein halbes Jahr voraus ist, schauen die Entwickler des Grippeimpfstoffs für die Nordhalbkugel gerne, welches Influenza-Virus dort sein Unwesen treibt, um Rückschlüsse für Impfstoffentwicklung hierzulande zu ziehen.

Weil die Entwicklung des hiesigen Impfstoffs schon im Februar beginnt, ist es mit der Treffergenauigkeit ähnlich wie mit einer präzisen Wettervorhersage für den Herbst und Winter, die man über ein halbes Jahr vorher machen soll: Man kann daneben liegen…

 

Trivalent oder tetravalent?

Der Blick nach Australien zeigt, dass man dort in diesem Jahr daneben lag, denn nicht die üblichen beiden Influenza-A-Stämme und der sogenannte „Yamagata“-Influenza-B-Stamm waren dort aktiv, sondern ein weiterer Influenza-B-Stamm („Victoria“) sorgte für einen wesentlichen Teil der Influenza-Erkrankungen. Das Dilemma: In den üblichen Impfstoffen sind die beiden A-, aber nur einer der B-Stämme („Yamagata“) vorhanden. Drei Bestandteile, also trivalent.

Auf dem deutschen Markt gibt es nur zwei Impfstoffe, die auch den vierten Stamm, den „Victoria“-B-Stamm, beinhalten und somit tetravalent sind. Einer der beiden ist Kindern und Jugendlichen vorbehalten. Der andere, auch für Erwachsene zugelassene tetravalente Impfstoff ist teuer, wird von den gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt und wäre auch gar nicht in der für Deutschland benötigten Menge lieferbar bzw. sind Stand Ende Oktober gar nicht mehr lieferbar.

Zudem bleibt abzuwarten, ob auch hierzulande der „Victoria“-B-Stamm seinen Siegeszug fortsetzt oder die üblichen Influenza-A- und B-Stämme Auslöser für die echte Grippe sein werden. Wenn man dann noch eine gewisse Kreuzimmunität des „Yamagata“-Impfstoffs zu dem „Victoria“-B-Stamm berücksichtigt, ist auch der dreistämmige Impfstoff weiterhin empfehlenswert. Die für Ärzte zur Verfügung stehen Impfberatung des Robert-Koch-Instituts hat in einem persönlichen Telefonat beide Impfstoffe empfohlen und gibt keine gesonderte Präferenz zu dem vierstämmigen Impfstoff aus.

 

Lassen Sie sich impfen!

Generell gilt vorbeugend: Lassen Sie sich impfen, insbesondere dann, wenn Sie zu dem Personenkreis der chronisch Erkrankten, Kindern, Schwangeren, über 60-jährigen und den im Gesundheitswesen Tätigen zählen.
Als Gesundheitsvorsorge gegen grippale Infekte halten Sie sich gerne an die sieben Hygienetipps der Aktion „Wir gegen Viren!“ des Robert-Koch-Instituts.

 

Dr. M. Neubert