Aufgrund der zunehmenden Knappheit von Spenderherzen wird heutzutage vielen Patienten mit einer schweren Herzschwäche durch die Implantation eines Herzunterstützungssystems geholfen. Während die eine Hälfte dieser Patienten auf eine Herztransplantation zu einem späteren Zeitpunkt hofft, kommt diese für die andere Hälfte wegen schwerwiegender Nebenerkrankungen oder fortgeschrittenen Alters nicht in Frage. Bei diesen Patienten wird das Herzunterstützungssystem als endgültige Lösung (sog. „Destination Therapie“) eingesetzt.

 

Mehr Lebensqualität durch Herzunterstützungssystem

Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass Patienten mit einer schweren Herzschwäche teilweise zehn oder mehr Jahre mit Herzunterstützungssystemen leben. Ziel ist es, dass die Patienten nach der Implantation eine möglichst gute Lebensqualität haben. Ein entscheidender Faktor dafür ist die körperliche Leistungsfähigkeit. Diese wiederum hängt davon ab, wie viel Blut das Unterstützungssystem als auch das eigene erkrankte Herz zusammen unter körperlicher Belastung pumpen.

Unter Ruhebedingungen erfolgt die Blutversorgung des Körpers nahezu ausschließlich über das Herzunterstützungssystem. Bei körperlicher Belastung fängt zusätzlich das eigene Herz des Patienten unter der Ausschüttung von Stresshormonen wieder vermehrt an, Blut in den Körper zu pumpen.

 

Einfache Messmethode statt Katheteruntersuchung

Um die gesamte Blutmenge – also das vom Herzunterstützungssystem als auch das vom eigenen Herzen geförderte Volumen – zu messen, war früher eine aufwendige Herzkatheteruntersuchung erforderlich. Dabei wurde eine große Vene punktiert und hierüber ein Katheter bis zum Herzen vorgeschoben. Diese Methode war natürlich für den Patienten unangenehm und belastend, vor allem wenn er sich gleichzeitig noch körperlich betätigen sollte. Zudem war die Methode zeitaufwendig und teuer.

Seit einiger Zeit gibt es nun die Möglichkeit das gesamte, in den Körper gepumpte Blutvolumen mittels einer einfachen Messmethode, der Inertgas-Rückatmung, zu bestimmen. Dabei atmet der Patient in Ruhe und bei bestimmten Belastungsstufen über ein Mundstück geringe Mengen von zwei in der Natur nicht vorkommenden Gasen ein. Während ein Gas in der Lunge verbleibt, verteilt sich das andere Gas im zirkulierenden Blut. Je schneller dieses zweite Gas in das Blut übergegangen ist, umso mehr Blutvolumen muss in dieser Zeit durch den Kreislauf geflossen sein. Darüber kann dann einfach der gesamte Blutfluss, der dem Körper in Ruhe und unter Belastung zur Verfügung steht, berechnet werden.

Herzerfrischend Innocor_Schematik-e1450126897569 Neues Messverfahren für Kunstherz-Patienten Diagnose und Therapie  Kunstherz Inertgas Herzunterstützungssystem

Schematische Darstellung der Inertgas-Rückatmungsmethode
 

Inertgas-Rückatmungsmethode auch bei anderen Herzerkrankungen anwendbar

Des Weiteren kann mit dieser Messmethode bestimmt werden, wie viel Sauerstoff der Patient in Ruhe oder unter Belastung insgesamt verbraucht hat und wie viel Sauerstoff dem Körper noch als zusätzliche Reserve zur Verfügung stand. Mithilfe dieser Informationen lässt sich ein effektives muskuläres Training planen, wodurch Leistungsfähigkeit und Lebensqualität gesteigert werden können.

Insgesamt stellt diese neue Messmethode aufgrund der einfachen Durchführbarkeit einen entscheidenden Fortschritt dar. Die Methode kann beliebig wiederholt und im weiteren Verlauf auch unter ambulanten Bedingungen durchgeführt werden. Die Inertgas-Rückatmungs-Methode kann selbstverständlich auch bei Patienten mit anderen Herzerkrankungen, vor allem zur Verlaufsbeobachtung, eingesetzt werden.

 

Prof. Dr. Nils Reiss